Für die Pfadfinderzeit waren die Fahrten auf die „Hütte“, zur Michelbachklause im Böhmerwald oberhalb von Neureichenau und unterhalb des Dreisessel, die prägenden Erlebnisse. Der Kontakt zur Familie Altendorfer, zu Franzl und Marie, besteht heute noch.
Dazu ist eine eigene Geschichte zu erzählen, die im Sommer 1953 begann.
Eine Gruppe der CP aus Zehlendorf war unter Leitung von Bringfried Naumann (Kaekke) und Horst Schulz (Opi) im Böhmerwald auf einer „Grenzlandfahrt“ unterwegs. Bei einem längeren Regen mit taubeneigroßen Hagelkörnern haben sich abseits eines Waldwegs versucht unter Bäumen unterzustellen, wurden aber dennoch heftig nass. Dort haben sie zwei Waldarbeiter gefunden und sie eingeladen, in einer nicht bewohnten Hütte Schutz zu suchen. Sie blieben dort über Nacht und knüpften Kontakt zu ihren zwei „Rettern“. Es waren die Söhne Hansl + Franzl der Familie Altendorfer, die im Böhmerwald einen Waldbauernhof führten. Die „Hütte“ war das alte Bauernhaus, die Michelbachklause (800m), das die Vorfahren der Familie im 18. Jahrhundert dort gebaut hatten, als sie aus Südtirol als Glaubensflüchtlinge in den Böhmerwald gekommen waren. Der Bergbauernhof hat seinen Namen von dem vorbeifließenden Bach, dem „Schreienden Michel“.
Aus diesem ersten Kontakt entwickelte sich eine Freundschaft und ab Winter 1953/54 fuhren jedes Jahr Gruppen nach Weihnachten dorthin. Die erste Gruppe leitete Klaus Detert (Panje). Ich selber bin vermutlich 1956 zum ersten Mal dort gewesen.
Nachdem der Vater gestorben war, übernahm Franzl die Bewirtschaftung des Hofs zusammen mit seiner Frau Marie. In den Jahren haben wir dann auch ihre zwei Söhne Phillip und Christoph kennengelernt.
Die Hüttenfahrt war „Abenteuer pur“ für uns. Der Bus brachte uns bis Frauenberg, dann ging es zu Fuß, d. h. im Winter auf Skiern, zur Hütte. Viele standen dabei zum ersten Mal auf Skiern und haben auf den schmalen Waldwegen Skifahren gelernt! Höhepunkt war jedesmal die Besteigung des Dreisesselberges (1.333m) und die anschließende Abfahrt. Zum Einkaufen mussten wir runter nach Neureichenau, zum Transport diente ein Holzfällerschlitten, auf dem wir unsere großen Rundbrote, die Marmeladeneimer und sonstigen Lebensmittel zur Hütte brachten. Vorher war beim (Edeka-Kaufmann) „Pöschel“ schon aus Berlin eine entsprechende Bestellung aufgegeben worden. Tradition wurden auch die Dorfabende, die wir veranstalteten mit Liedern und Sketchen. Der Dorfgasthof Rodler war gut gefüllt, es gab Punsch für uns und die Töchter des Besitzers der Gurkenfabrik in Neureichenau spendierten uns ein Gurkenfass.


Die Fahrten wurden bis zum Winter 1964/1965 fortgeführt, im Jahr 1965 wurde die Hütte verpachtet und die „Hüttenfahrten“ ihr Ende. Der Kontakt zu Marie und Franzl riss aber nicht ab. Ich und andere haben sie in den Jahren immer mal wieder besucht. Sie waren in den 60er Jahren auch nach Neureichenau gezogen, weil das Leben oben auf dem Waldbauernhof zu hart war und eine Familie nicht mehr ernährte. Die Klause blieb aber bis heute im Familienbesitz.
Im August 2003 haben wir uns dann nach 50 Jahren mit einigen alten „Hüttenfahrern“ wieder dort getroffen. In Frauenberg steht noch wie damals das Stifterhotel und diente uns als Herberge. Am Sonnabendnachmittag gab es dann das große Treffen mit Hansl+Franzl+Marie und den Enkeln usw. bei der Klause. Dabei waren Klaus Detert, einige aus den Zehlendorfer und Steglitzer Gruppen und ich. Einen Bericht von dem Treffen findet Ihr hier: Hütte8a-1




Im Internet findet sich u.a. die folgende Beschreibung der Klause und ihrer Umgebung. Der „alte Bauernhof“ ist der neue, den damals die Familie Altendorfer bewohnte und bewirtschaftete und das Ferienhaus ist die alte „Hütte“, die heute zum Ferienhaus umgebaut wurde. Damals wie heute ist man dort „abgeschnitten von jeglicher Zivilisation inmitten traumhafter Natur.“
„Vorbei an einer kleinen Jagdhütte erreichen wir bald eine große Wegkreuzung, die wir einfach überqueren und so nach ein paar hundert Metern zur Michelbachklause gelangen. Ein alter Bauernhof und ein Ferienhaus, liegt abgeschnitten von jeglicher Zivilisation inmitten traumhafter Natur und lädt zu einer kleinen Rast ein, um fernab jeglichen Lärm die Natur zu genießen.“
(http://www.bike-o-rama.de/wandertouren/klausgupf/ )
Am Montag, dem 21.März 2022 ist Franzl (Franz Altendorfer) im Alter von 89 Jahren nach kurzer schwerer Krankheit gestorben. Ihm und seinem Zwillingsbruder Hansl, der im April verstorben ist, haben wir es zu verdanken, dass wir jahrelange auf die „Hütte“ fahren konnten. Für mich die Fahrten mit den Pfadfindern, die mir am eindrücklichsten in Erinnerung sind.
Sein Grab liegt auf dem Kirchhof in Neureichenau mit einem letzten Gruß „Der Berliner Pfadfinder“